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Brief für GmbH-GF/-Gesellschafter des März 2014


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Anmeldung zur Insolvenztabelle: Anforderung an die Beschreibung des Rechtsgrunds der vorsätzlich begangenen Handlung

2.

Zur Prognose drohender Zahlungsunfähigkeit

3.

Geschäftsführer: Vortrag zu etwaigen stillen Reserven oder in Bilanz nicht abgebildeten Werten

4.

Betriebsratswahlen 2014

5.

Entgeltumwandlung: Arbeitgeber muss nicht von sich aus auf Anspruch hinweisen

6.

Erlass eines Zustimmungsvorbehalts: Zum Bereicherungsanspruch bei Abschluss eines Überweisungsvertrag

7.

Aufrechnung zwischen Gehaltsansprüchen des Geschäftsführers und Haftungsansprüchen

8.

Wie umfangreich muss eine Rechtsbehelfsbelehrung sein?



1. Anmeldung zur Insolvenztabelle: Anforderung an die Beschreibung des Rechtsgrunds der vorsätzlich begangenen Handlung

Kernaussage
Der Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung muss in der Anmeldung zur Insolvenztabelle so beschrieben werden, dass der aus ihm hergeleitete Anspruch in tatsächlicher Hinsicht zweifelsfrei bestimmt ist und der Schuldner erkennen kann, welches Verhalten ihm vorgeworfen wird.

Sachverhalt
Über das Vermögen der Beklagten wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin meldete Darlehensforderungen in Höhe von 570.000 EUR an. In der Spalte "Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung" machte die Klägerin hierbei ein Kreuz. Mit einem Schreiben erläuterte sie ihre Anmeldung dahingehend, gegen den Beklagten werde wegen Kreditbetrugs ermittelt, insbesondere wegen der Einreichung unrichtiger Bonitätsunterlagen, welche ihr zur Ausreichung des beantragten Darlehens vorgelegt worden seien. Die Kreditakte sei beschlagnahmt worden. Aus dem Klageverfahren gegen den Urkundsnotar ergebe sich, dass der Beklagte aus den von der Klägerin ausgereichten Darlehen Kick-Back-Zahlungen in Höhe von 107.000 DM erhalten habe. Die Darlehensforderung wurde zur Tabelle festgestellt. Der Beklagte widersprach jedoch. Die Klägerin beantragte daraufhin festzustellen, dass ihre Forderungen über 570.000 EUR auf dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhten. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hatte sie mangels ordnungsgemäßer Anmeldung als unzulässig abgewiesen. Daraufhin ging die Klägerin in Revision vor den Bundesgerichtshof (BGH).

Entscheidung
Der BGH gab der Revision statt. Der Gläubiger hat bei der Anmeldung seiner Forderung diejenigen Tatsachen anzugeben, aus denen sich ergibt, dass eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung vorliegt. Der Schuldner soll frühzeitig einschätzen können, ob er sich im Hinblick auf die angemeldete, nicht der Restschuldbefreiung unterfallende Forderung dem Insolvenzverfahren mit anschließender Restschuldbefreiung überhaupt unterwerfen will. Dazu genügt es, wenn der Schuldner weiß, um welche Forderung es geht und welches Verhalten ihm als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung vorgeworfen wird. Da sein Widerspruch nicht begründet werden muss, muss ihm in dieser Phase noch nicht die Möglichkeit gegeben werden, den Vortrag des Gläubigers gezielt anzugreifen.

Konsequenz
Die Anforderungen bei der Anmeldung von Forderungen aus vorsätzlich unerlaubten Handlungen dürfen nach dem BGH nicht überstrapaziert werden. Es ist nicht erforderlich, dass der Deliktstatbestand gänzlich schlüssig dargelegt wird.

2. Zur Prognose drohender Zahlungsunfähigkeit 

Kernaussage
Im Rahmen der insolvenzrechtlichen Vorsatzanfechtung ist eine Prognose der drohenden Zahlungsunfähigkeit anzustellen. Hierbei sind nicht nur Verbindlichkeiten aus einem Darlehen zu berücksichtigen, wenn bereits eine Kündigung erfolgt und der Rückzahlungsanspruch auf einen bestimmten zukünftigen Zeitpunkt fällig gestellt ist, sondern auch dann, wenn deren Fälligkeit im Prognosezeitraum überwiegend wahrscheinlich ist.

Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem im Dezember 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH. Diese hatte bei der Beklagten, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Gesellschafter im Wesentlichen mit denen der GmbH identisch sind, ein Gebäude gemietet. Die Schuldnerin hatte von ihrer Bank einen Geschäftskredit in Höhe von 630.000 EUR und ein Hypothekendarlehen in Höhe von 110.000 EUR in Anspruch genommen. Bereits im Dezember 2002 bat die Bank um weitere Sicherheiten und drohte Anfang Februar mit der Kündigung der Kredite. Mitte Februar kam es zu einer Teilkündigung. Es folgte eine Stillhaltevereinbarung im März, die die Schuldnerin hinsichtlich der vereinbarten Rückführung und Sicherheitenverstärkung nicht einhalten konnte. Im Juni kündigte die Bank schließlich den gesamten Kredit. Der Kläger verlangt im Wege der Vorsatzanfechtung die Rückzahlung der im Jahr 2003 gezahlten Mieten. Das Landgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht wies die Klage hinsichtlich der Mieten für Januar und Februar ab.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) sah die Klage im vollen Umfang als begründet an. Die dem Schuldner bekannte drohende Zahlungsunfähigkeit stellt bereits ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar. Zwar war der Kredit im Zeitpunkt der Mietzahlungen für Januar und Februar noch nicht gekündigt, doch hatte die Bank dies bereits angekündigt. Im Rahmen der zur erstellenden Prognose zur Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit muss dies mit einbezogen werden. Die Darlehensverbindlichkeiten können mithin eine drohende Zahlungsunfähigkeit begründen, wenn aufgrund gegebener Umstände überwiegend wahrscheinlich ist, dass eine Fälligstellung im Prognosezeitraum erfolgt.

Konsequenz
Die Entscheidung des BGH könnte dazu führen, dass in einer Vielzahl von Fällen die Insolvenzreife wegen drohender Zahlungsunfähigkeit vorzulagern ist. Im Hinblick auf mögliche Insolvenzanfechtungstatbestände ist daher Vorsicht geboten.

3. Geschäftsführer: Vortrag zu etwaigen stillen Reserven oder in Bilanz nicht abgebildeten Werten

Kernaussage
Hat der Insolvenzverwalter durch Vorlage einer Handelsbilanz und den Vortrag, dass keine stillen Reserven sowie keine aus der Bilanz nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind, die Überschuldung einer GmbH dargelegt, genügt der wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch genommene Geschäftsführer seiner sekundären Darlegungslast nicht, wenn er lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte behauptet. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer hat vielmehr substantiiert zu etwaigen stillen Reserven oder in der Bilanz nicht abgebildeten Werten vorzutragen.

Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A-GmbH, die eine Modeboutique betrieb. Die Beklagte war Geschäftsführerin der A-GmbH. Die Bilanz der A-GmbH wies einen durch Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag aus. Nachdem die A-GmbH erstmals im August 2005 ihre Miete nicht mehr bezahlen konnte, erhöhten sich bis August 2008 die unbezahlten Mietverbindlichkeiten. Die Vermieterin kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos. Der Kläger behauptet, die A-GmbH sei spätestens seit 31.12.2007 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen und verlangt von dem Geschäftsführer Schadensersatz. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zurück. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers zum Bundesgerichtshof (BGH).

Entscheidung
Der BGH hob die Vorentscheidung auf. Das Berufungsgericht hatte zu Unrecht einen Verfahrensfehler angenommen. In der Sache zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Kläger nach Vorlage der Handelsbilanz, aus der sich die Überschuldung ergab, seiner Darlegungslast durch den Vortrag genügt habe, es seien keine stillen Reserven und auch keine sonstigen aus der Handelsbilanz nicht ersichtlichen Vermögenswerte vorhanden gewesen. In dieser Situation ist es Sache des beklagten Geschäftsführers, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vorzutragen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind. Hierzu reicht es nicht aus, lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte zu behaupten. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer hat vielmehr substantiiert zu stillen Reserven oder sonstigen in der Handelsbilanz nicht abgebildeten Werten vorzutragen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt in interessanter Weise die Anforderungen an die Darlegungslast bei einer bilanziellen Überschuldung.

4. Betriebsratswahlen 2014

Ausgangssituation
In Unternehmen mit Betriebsräten wird alle 4 Jahre im Zeitraum zwischen dem 1. März und dem 31. Mai der Betriebsrat gewählt; bei einigen Arbeitgebern stehen die Wahlen also unmittelbar bevor. Zugleich gilt, dass Betriebsratswahlen und ihre Durchführung regelmäßig Gegenstand von Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts sind (BAG). Nachfolgend soll eine Auswahl aktueller Entscheidungen zu diesem Themenbereich Fehler vermeiden helfen:

Entscheidungen
Die Größe eines Betriebsrates (= Anzahl der Mitglieder) wird durch Gesetz in Abhängigkeit von der Anzahl der Beschäftigten vorgeschrieben. Dabei gilt es die Anzahl der Beschäftigten richtig zu bestimmen. Bei der Bestimmung der Größe eines Betriebsrates sind im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer wie "normale" Arbeitnehmer mitzuzählen (BAG, Beschluss v. 13.3.2013, 7 ABR 69/11). Ähnliches gilt, wenn Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in Privatunternehmen tätig sind; auch die "öffentlich-rechtlichen" Arbeitnehmer zählen mit (BAG, Beschluss v. 15.12.2011, 7 ABR 65/10). Etwas anders verhält es sich bei Leiharbeitnehmern und "öffentlich-rechtlichen" Arbeitnehmern im Hinblick auf die Wählbarkeit in den Betriebsrat: So können Leiharbeitnehmer nicht in den Betriebsrat des Unternehmens gewählt werden, das sie entliehen hat (Bundesarbeitsgericht, Beschluss v. 17.2.2010, 7 ABR 51/08). "Öffentlich-rechtliche Arbeitnehmer", die aufgrund einer Personalgestellung bei einem Privatunternehmen tätig sind, sind dagegen in den Betriebsrat des Privatunternehmens wählbar (BAG, Beschluss v. 15.8.2012, 7 ABR 34/11). Besteht ein Unternehmen aus mehreren selbständigen Betriebsteilen, stellt sich - dann mit Auswirkung auf die Größe des Betriebsrates und seiner richtigen Bestimmung -die Frage, ob die selbständigen Betriebsteile jeweils eigene Betriebsräte bilden. Arbeitnehmern selbständiger Betriebsteile, die dem Grunde nach einen eigenen Betriebsrat wählen könnten, steht das Recht zu, als Belegschaft die Teilnahme an der Betriebsratswahl des Hauptbetriebes zu beschließen (BAG, Beschluss v. 17.9.2013, 1 ABR 21/12). Im Rahmen der tatsächlichen Wahldurchführung gilt es, die ordentliche Stimmabgabe nachzuweisen. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein anderer Nachweis außer den gesetzlich vorgesehenen Methoden, nämlich dem Festhalten eines Abgabevermerkes bei persönlicher Abgabe des Stimmzettels in Anwesenheit des Wählenden, oder bei Briefwahl in öffentlicher Sitzung, nicht zulässig ist (BAG, Beschluss v. 12.6.2013, 7 ABR 77/11) Mit Rücksicht auf das Recht des Arbeitgebers, eine Betriebsratswahl abbrechen zu können, hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass dies nur dann zulässig ist, wenn die Wahl erkennbar nichtig ist, also an einem besonders schweren Mangel leidet; die bloße Anfechtbarkeit der Wahl soll aber nicht ausreichen (BAG, Beschluss v. 27.7.2011, 7 ABR 61/10).

5. Entgeltumwandlung: Arbeitgeber muss nicht von sich aus auf Anspruch hinweisen

Kernaussage
Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf eine Betriebliche Altersversorgung; dem Arbeitsgeber steht lediglich das Recht zu, zu bestimmen, in welcher Form die Betriebliche Altersversorgung gewährt wird. Konkret kann ein Arbeitnehmer einen Teil seines Entgeltes in eine Betriebliche Altersversorgung umwandeln. Mit anderen Worten, anstelle einer Entgeltzahlung, erfolgt eine Einzahlung in die gewählte Form der Altersversorgung (zum Beispiel eine Direktversicherung). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer über das Bestehen dieses Anspruches aufklären muss.

Sachverhalt
Der Kläger hatte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses seinen Arbeitgeber auf Schadensersatz verklagt, weil es der Arbeitgeber unterlassen habe, ihn auf die Möglichkeit des Aufbaus einer Betrieblichen Altersversorgung durch Entgeltumwandlung hinzuweisen. Als Schaden machte er die (kapitalisierte) entgangene Altersversorgung geltend.

Entscheidung
Das BAG wies die Klage ab. Die Gesetzeslage eröffne dem Arbeitnehmer zwar einen Anspruch auf eine Betriebliche Altersversorgung in Form der Entgeltumwandlung, eine Hinweispflicht des Arbeitgebers sei dem Gesetzeswortlaut aber nicht zu entnehmen. Eine solche Hinweispflicht könne auch nicht über eine gegenüber dem Arbeitnehmer bestehende Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konstruiert werden.

Konsequenz
Die Entscheidung bringt Rechtssicherheit. Es ist Aufgabe des Arbeitnehmers, sich über die Möglichkeiten einer Betrieblichen Altersversorgung und damit die zusätzliche Absicherung des eigenen Alters zu informieren und hierüber Entscheidungen zu treffen. Davon unabhängig bleibt es dabei, dass der Arbeitgeber - wenn sich der Arbeitnehmer für eine Betriebliche Altersversorgung entschieden hat - die Entgeltumwandlung vornehmen muss.

6. Erlass eines Zustimmungsvorbehalts: Zum Bereicherungsanspruch bei Abschluss eines Überweisungsvertrag

Kernaussage
In Fällen der vorläufigen Insolvenzverwaltung wird regelmäßig ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet. Verfügungen des Schuldners sind dann nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam. Der Zustimmungsvorbehalt hindert den Schuldner nicht am Abschluss eines Überweisungsvertrages mit der Bank. Vielmehr fehlt es an einer gültigen Tilgungsbestimmung, so dass der Insolvenzverwalter die von der Bank an den Empfänger bewirkte Zahlung als rechtsgrundlose Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung heraus verlangen kann.

Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Diese hatte mit dem beklagten Apotheker einen Vertrag über die Versorgung der von ihr betreuten Heimbewohner mit Arznei- und Medizinprodukten abgeschlossen. Entsprechend einer Sammelrechnung zog die GmbH die Einzelbeträge für die gelieferten Produkte bei den jeweiligen Heimbewohnern ein und wies sodann die Hausbank zur Überweisung an den Beklagten an. Zu diesem Zeitpunkt war durch die Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt eine Sicherungsmaßnahme getroffen worden, wovon die Bank keine Kenntnis hatte. Die Klage auf Erstattung dieser Zahlung hatte vor dem Berufungsgericht sowie vor dem Bundesgerichtshof (BGH) Erfolg.

Entscheidung
Bei der Überweisung entfaltet sich die bereicherungsrechtliche Leistungsbeziehung grundsätzlich in 2 Richtungen. Im Deckungsverhältnis erbringt die Bank an den anweisenden Kontoinhaber durch die Ausführung der Überweisung eine Leistung. Der Kontoinhaber erbringt seinerseits den Gutschriftbetrag im Valutaverhältnis an den Überweisungsempfänger. Führt die Bank in Unkenntnis des Zustimmungsvorbehalts eine Überweisung aus, liegt im Verhältnis des Schuldners zu der Bank ein wirksamer Überweisungsvertrag vor. Vorliegend wurde nur ein mitbestimmender vorläufiger Verwalter eingesetzt, so dass der Schuldner grundsätzlich nicht in seiner Fähigkeit beschränkt ist, Überweisungsverträge abzuschließen. Allerdings war der Schuldner nicht mehr berechtigt, im Verhältnis zum Zahlungsempfänger eine wirksame Erfüllungszweckbestimmung zu treffen. Infolge dessen entbehrt die in der Überweisung liegende Leistung eines Rechtsgrundes und kann vom Insolvenzverwalter kondiziert werden.

Konsequenz
Eine Tilgungsbestimmung stellt letztlich nichts anderes als eine Verfügung dar, die der Schuldner nicht ohne Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters erklären kann. Überweisungen im Rahmen der vorläufigen Insolvenz sind mithin latent der Insolvenzanfechtung ausgesetzt.

7. Aufrechnung zwischen Gehaltsansprüchen des Geschäftsführers und Haftungsansprüchen

Kernaussage
Besteht vor Insolvenzeröffnung eine Aufrechnungslage zwischen rückständigen Gehaltsansprüchen des Geschäftsführers und den Ansprüchen aus der Haftung des Geschäftsführers für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist diese insolvenzrechtlich nicht geschützt. Insofern greift ein Aufrechnungsverbot ein, weil der Geschäftsführer die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erworben hat.

Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Er nimmt den Beklagten, der Geschäftsführer der GmbH war, auf Erstattung von Zahlungen der Schuldnerin im Monat vor Insolvenzantragstellung in Anspruch. Der Beklagte verteidigt sich dahingehend, dass die GmbH nicht zahlungsunfähig gewesen sei und er nicht schuldhaft gehandelt habe. Das Landgericht gab der Klage statt. Im Berufungsverfahren erklärte der Beklagte die Aufrechnung gegen die Klageforderung mit einem Teil seiner rückständigen Gehaltsforderungen, die in einem weiteren Verfahren durch Urteil als Insolvenzforderung rechtskräftig festgestellt wurden. Von weiterem Verteidigungsvorbringen wurde Abstand genommen. Wegen der Aufrechnung wurde die Klage nunmehr abgewiesen.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Kläger Recht. Die bestehende Aufrechnungslage ist insolvenzrechtlich nicht geschützt, weil ein Aufrechnungsverbot eingreift. Die erklärte Aufrechnung ist insolvenzrechtlich unwirksam, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Vorliegend hat der Beklagte die Aufrechnungslage durch verbotene Zahlungen in der Krise der GmbH herbeigeführt, die eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger zur Folge hatten. Zwar führten die Zahlungen zu einem Haftungsanspruch der Schuldnerin gegen den Beklagten, zugleich ermöglichten sie aber auch die Aufrechnung, ohne die der Beklagte nur eine Insolvenzforderung hätte geltend machen können. Die Herstellung der Aufrechnungslage durch den Beklagten führte zu einer inkongruenten Deckung.

Konsequenz
Die Frage, ob der Haftungsanspruch gegen den Geschäftsführer für verbotene Zahlungen generell die Aufrechnung ausschließt, musste nicht mehr entschieden werden. Ein Geschäftsführer kann in der Insolvenz der GmbH mit seinen rückständigen Gehaltsforderungen nicht gegen die Forderungen des Insolvenzverwalters gegen ihn aufrechnen, wenn er die Aufrechnungslage durch verbotene Zahlungen herbeigeführt hat.

8. Wie umfangreich muss eine Rechtsbehelfsbelehrung sein?

Kernaussage
Jedem schriftlichen Steuerbescheid ist eine Belehrung darüber beizufügen, welcher Rechtsbehelf zulässig und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist. Eine fehlende Rechtsbehelfsbelehrung macht den Bescheid grundsätzlich nicht unwirksam, sondern bewirkt, dass die Rechtsbehelfsfrist nicht zu laufen beginnt. Der Rechtsbehelf ist dann innerhalb eines Jahres möglich. Hierzu entschied der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich, dass die Rechtsbehelfsbelehrung in einem Steuerbescheid keinen Hinweis darauf enthalten muss, dass der Einspruch auch per E-Mail eingelegt werden kann. Es reicht vielmehr aus, wenn sie hinsichtlich der Formerfordernisse für die Einlegung eines Einspruchs den Gesetzeswortlaut der Abgabenordnung (AO) wiedergibt (hier: "schriftlich").

Sachverhalt
Das Finanzamt hatte die Einkommensteuerbescheide des klagenden Steuerpflichtigen mit Rechtsbehelfsbelehrungen versehen, die hinsichtlich der Form der Einspruchseinlegung den Wortlaut der Abgabenordnung in der für die Streitjahre geltenden Fassung wiederholten. Der Kläger legte erst einige Monate nach Bekanntgabe der Bescheide Einsprüche ein, die das Finanzamt wegen der Verletzung der Einspruchsfrist von einem Monat als unzulässig verwarf. Der Kläger machte demgegenüber geltend, die Rechtsbehelfsbelehrungen seien unvollständig gewesen, so dass die Jahresfrist zum Tragen kommen müsse. Das Finanzgericht gab ihm Recht und meinte, den Rechtsbehelfsbelehrungen hätte der Hinweis auf die Möglichkeit zur Einlegung eines Einspruchs per E-Mail gefehlt.

Entscheidung
Dem ist der BFH nicht gefolgt. Er sieht die Rechtsbehelfsbelehrungen als vollständig an. Nach dem Gesetz beginnt die Frist für die Einlegung eines Einspruchs zwar nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Steuerbescheid verwendeten Form (schriftlich oder elektronisch) belehrt worden ist. Über die Form des Einspruchs selbst sei hiernach nicht (zwingend) zu belehren. Allerdings müsse eine Rechtsbehelfsbelehrung auch Angaben, die nicht zwingend vorgeschrieben seien, richtig, vollständig und unmissverständlich darstellen. Das sei jedoch der Fall, wenn der Wortlaut der insoweit maßgeblichen Vorschrift wiedergegeben werde.

Konsequenz
Rechtsbehelfsbelehrungen zu Steuerbescheiden müssen keinen Hinweis darauf enthalten, dass ein Einspruch auch per E-Mail erhoben werden kann; es genügt, wenn mitgeteilt wird, dass die Einspruchseinlegung schriftlich zu erfolgen hat. Der BFH hat mit dem aktuellen Urteil 2 frühere Entscheidungen bestätigt.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Gißewski
Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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